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BFGD - DFW-Dachverband_Freier_Weltanschauungsgemeinschaften

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Weltanschauungsgemeinschaften
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BFGD

Berichte
Weit weg von "nie wieder"
Liebe Freund:innen, liebe Mitglieder,
Wer mich und meine Reden kennt, weiß, dass ich die vergangenen Jahre mich immer wieder, wie es die Zeit leider auch gebietet, mich darin mit dem Rechtsruck unserer Gesellschaft und den Gefahren für unsere Demokratie beschäftige. So ist es leider auch heute. Ich möchte nicht so politisch werden, aber es würde meiner freireligiösen Gesinnung widersprechen, würde ich hier eine freundliche Sonntagsrede halten.
Wir sind weit weg von „nie wieder“, wir sind schon lange mittendrin angekommen.
Als ich die erste Rede dieser Art hier im Saal halten durfte, standen die Faschisten noch bei gut 10 %. Zur Erinnerung: Ich bin in diesem Amt erst seit gut 4 Jahren. Jetzt stellen sie über ein Fünftel der Abgeordneten im Deutschen Bundestag und besitzen in einem deutschen Landtag eine Sperrminorität. Bei der vergangenen Bundestagswahl haben vielerorts über 50 % der Menschen entweder ganz klar verfassungsfeindliche Parteien oder doch mindestens linksnationalistische Diktatorenfreunde gewählt. Nur etwa einen Kilometer von meinem Haus, im benachbarten Kreis Kaiserslautern, war die AfD bei den Zweitstimmen stärkste Kraft. Es ist nicht nur Ostdeutschland, liebe Gäste.

Diese Ergebnisse sind, das muss man leider so sagen, nun endgültig Weimarer Verhältnisse. Bei der letzten freien Reichstagswahl im März 33 kamen Nazis und Kommunisten bekanntermaßen auch auf über 50 %.
Und für mich als queere trans Frau haben wir ohnehin schon längst den Boden der theoretischen Bedrohungen verlassen. Ich könnte nun Dutzende Länder aufzählen, wo sich unsere Lage verschlechtert hat, möchte mich aber auf ein Beispiel fokussieren, was es aktuell bedeutet, trans zu sein: die USA – mein zweites Heimatland. Einfach, um mal klarzumachen, wo wir wirklich im Vergleich zu damals konkret stehen, hier eine nicht abschließende Liste:

· Trans Personen können in den USA keinen korrekten Pass mehr erhalten. Mein aktueller Pass ist das Papier nicht mehr wert, auf dem er gedruckt ist – denn unsere schiere Existenz wird auf präsidiale Anordnung von allen Bundesbehörden und von ihnen beispielsweise finanziell abhängigen Stellen geleugnet.
· Es wird versucht, das Wahlrecht zu verschärfen mit verschärften Auflagen für Ausweisdokumente – an die wir nicht mehr kommen. Wir verlieren also gerade unser Wahlrecht.
· Aus historischen Dokumenten – Transgeschlechlichkeit ist keine neue Erfindung – werden wir getilgt. Die Stonewall-Riots – die maßgeblich die heutigen CSDs geboren haben und einen der wichtigsten Meilensteine auf dem Weg zur einigermaßen erkämpften Gleichstellung von queeren Menschen darstellen – wurden maßgeblich von trans Personen – zumal schwarzen trans Frauen – getragen. Deren Erwähnung ist von allen Internetseiten und der Gedenkstätte selbst getilgt worden. Transgeschlechtlichkeit wird einer Damnatio Memoriae – einer „Verdammung des Andenkens“ unterzogen.
· Wir dürfen in öffentlichen Gebäuden nicht mehr auf das richtige Klo. Da reden wir auch von beispielsweise Flughäfen. Und das klingt erstmal so harmlos, bedeutet aber: ein trans Mann beispielsweise nach ein paar Jahren HRT, also, überspitzt gesagt, ein leicht muskulöser Mann mit Vollbart und ordentlich Körperbehaarung – muss aufs Frauenklo. Und umgekehrt. Das ist nicht lustig.
· Wir werden von unserer Gesundheitsversorgung abgeschnitten. Mal eben eine Hormontherapie beenden zu müssen, ist lebensgefährlich. Mit Hormonersatztherapien stellen wir unsere Organe auf die Produktion von Hormonen und anderen Botenstoffen um, die zu unserem richtigen Geschlecht gehören. Ja, richtig gehört – medizinisch betrachtet bin ich biologisch weiblich. Noch so eine Absurdität dieser Debatte. Meine Herzinfarktsymptome, mein Krebsrisiko – alles ist die jeweils weibliche Variante inzwischen. Da kann Alice Weidel noch so sehr die Realität verdrehen.
· Jeglichen NGOs, Universitäten und anderen öffentlichen wie zivilgesellschaftlichen Einrichtungen und Organisationen wird die Förderung entzogen, wenn sie nicht die Existenz von trans Personen leugnen und sich der neuen Linie anpassen.
· Wissenschaft, die sich mit trans Personen beschäftigt – und das ist so so wichtig aktuell für unser langfristiges Überleben, weil viele Behandlungsmethoden nur einige Jahrzehnte alt sind – wird nicht mehr gefördert, Universitäten werden entsprechend unter Druck gesetzt, Listen mit VERBOTENEN WÖRTERN für Anträge und Forschung EXISTIEREN. Kann man sich nicht ausdenken!
· Firmen, die in den USA tätig sind oder sein wollen, werden unter Druck gesetzt, ihre entsprechenden Diversitätsprogramme einzustellen.

Und das ist jetzt alles nur eine Auswahl. Trump ist noch keine 100 Tage im Amt. Wem vieles dieser Liste mit Blick auf die deutsche Geschichte bekannt vorkam: DAS IST DIE LAGE, IN DER WIR UNS GERADE BEFINDEN. Und Europa schweigt dazu weitgehend. Noch schlimmer, seit dem Zeitpunkt des Haltens dieser Rede hat der UK Supreme Court inzwischen auf höchster Instanz am 16. April 2025 festgehalten: „Trans Frauen sind keine Frauen“ – das oberste Gericht in dem westlichen Land, dass die EU-Menschenrechts-Charta ganz besonders zu verantworten hat, maßt sich nun an zu definieren, wer eine Frau sei. Davon wird keine Frau besser geschützt. Nicht eine einzige. Dieses Urteil und der Feldzug in Großbritannien wurde dabei maßgeblich von der Millionärin J.K. Rowling finanziert aus ihrem privaten Vermögen – danke an alle, die immer noch Harry Potter Merch kaufen, dieser finanziert inzwischen nämlich 1:1 die Vernichtung von trans* Menschen – und ja, Rowling gehört zu denen, die ganz offen genau das wollen und mit ihrem Reichtum fördern. Soweit die Reaktion von „Europa“ bisher gegen den Vernichtungsfeldzug gegen trans Menschen auf der anderen Seite des Atlantiks. Wenigstens das Deutsche Außenministerium – zumindest in der alten kommissarischen Regierungskoalition – hatte den Mut, den historischen Schritt zu gehen und für queere Menschen eine Reisewarnung in die USA auszusprechen. Aber das dürfte zum Zeitpunkt des Drucks dieses Artikels vom CDU-Nachfolger vermutlich aufgehoben worden sein.
Da sind wir nun angekommen. Das Land, das uns vom letzten Faschismus befreit hat, ist selbst auf dem besten Weg in die Diktatur. Und wie Anno 1933 hält sich auch dort der Widerstand wider besseres Wissen durch die Geschichte in Grenzen. Am 25. April wurde nun inzwischen auch die erste Richterin verhaftet, die versucht hat, einem Immigranten die illegale Verhaftung zu ersparen. Gibt es einen Aufstand? Bisher nicht. Denn es werden ja nur Randgruppen angegriffen. Wer kennt schon eine trans, eine nicht-binäre, eine intergeschlechtliche Person? Seien wir doch mal ehrlich in diesem Raum: Wer hier hat Freund*innen oder Bekannte mit sichtbaren oder unsichtbaren Behinderungen? Wer Freund*innen und Bekannte, die nicht weiß sind? Das sind die Gruppen, die gerade die massiven Konsequenzen dieser zweiten Trump-Präsidentschaft zu spüren bekommen, oder um es frei nach Martin Niemöller zu sagen:

Als das FBI die trans Personen holte, habe ich geschwiegen; ich war ja nicht trans.
Als sie die Menschen mit Behinderung und anderer Hautfarbe holten, habe ich geschwiegen, ich hatte ja keine Behinderung und war weiß,
Als sie Menschen mit legalem Aufenthaltstitel holten, habe ich geschwiegen, ich war ja Staatsbürger,
Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte.

Ich rede nicht von Theorie. Diese Aufzählung ist spätestens mit der Verhaftung der ersten Richterin am 25. April bereits komplett gelebte Praxis, direkt oder im übertragenden Sinne – bis in die letzte Zeile hinein. Und während das auf der anderen Seite des Atlantiks passiert, was machen wir?
Wir haben aktuell in Berlin 4 Jahre Stillstand verhandelt. Es sind auf Basis des Sondierungspapiers und des Koalitionsvertrags keine der dringend nötigen Reformen zu erwarten. Nein, für Menschen wie mich ist eher eine Verschlimmerung zu erwarten, wie sich im fertigen Koalitionsvertrag inzwischen gezeigt hat. So ist „Überprüfung“ des Selbstbestimmungsgesetzes angedacht. Da muss man sich keine Illusionen machen, was gemeint ist: Denn Friedrich Merz hat nicht umsonst zu Trumps Feldzug gegen queere und insbesondere trans Menschen zu Protokoll gegeben, sein Dekret, das nicht-binären Menschen die Existenz abspricht, sei „eine Entscheidung, die ich nachvollziehen kann“.
Und wer, siehe die Niemöller-Abwandlung, glaubt, da sei Schluss, dem sei unsere neue Wirtschaftsministerin Katharina Reiche ans Herz gelegt: Kinder, so Reiche, würden Homo-Paare als "nicht normal" ansehen und seien deshalb bei Schwulen und Lesben immer schlechter aufgehoben.
Genug andere Beispiele in der neuen Riege der Minister*innen finden sich ohne großen Aufwand. Während die CDU weiter dem Kulturkampf frönt und der AfD weiter den Boden bereitet – und die SPD tatenlos danebensteht – bleibt es beim beklagten Stillstand. Keine Reform des Rentensystems, das meine Generation immer mehr belastet, keine Reform des Gesundheits- und Sozialsystems, das meine Generation immer mehr finanziell ausblutet. Preiswerten Pendelverkehr gibt es bald nur noch wieder mit Auto und ob die dringend nötige Sanierung der dafür nötigen Brücke kommt, mal abwarten. Ach, und die Einkommenssteuer gibt es, wenn dann nur mit Erhöhung der Armensteuer – Entschuldigung, ich meine natürlich die Umsatzsteuer. Wie, das wussten Sie nicht? Diese Steuer trifft überproportional diejenigen mit niedrigem Einkommen. Damit wird dann halt die Entlastung für die Besserverdiener über die Einkommenssteuer querfinanziert.
Ach ja und Klimawandel? War da was? Dürre im März und April mit teils 25° im Schatten Anfang April bei mir im Pfälzer Wald – das ist doch normal, oder?
Die AfD wurde vor allem und am stärksten von Menschen unter 60 gewählt. Vor allen in meiner Alterskohorte und der angrenzenden, also von 24 bis 44. Politik wird aber vor allem für diejenigen über 60 gemacht. Ist auch nicht verwunderlich, die machen ihr Kreuzchen zuverlässig bei den beiden ehemaligen Volksparteien. Aber das ist jetzt keine Schelte in die Richtung. Auch die vergangene Regierung hat nötige Reformen nur teilweise angepackt, wenn auch viele mehr als die 16 Jahre davon.
Aber damit das klar ist: Wie will man mit einer solchen Politik die Menschen unter 60 davon abhalten, Faschisten zu wählen? Neben den Migrations- und Sicherheitsthemen – die vor allem deswegen so tragen, weil mit einer Ausnahme – und das ist nicht meine eigene Partei – alle demokratischen Parteien versuchen, in Sachen Migration und Sicherheit der AfD das Wasser abzugraben und die Leute dann halt doch das Original wählen – geben Menschen als Grund für das Wählen der AfD vor allem ökonomische Gründe an. Das mit dem Migrationsthema würde man mit weniger Aufgeregtheit und mehr Nüchternheit in Berichterstattung und Politik – mehr freireligiösem Denken halt – in den Griff kriegen. Aber die ökonomische Angst, die sitzt tiefer.
Meine Generation hat Angst, dass sie ihren Lebensstandard nicht halten kann. Sie hat Angst, dass sie im Alter Geldprobleme haben wird – sie hat Angst, dass sie sich ihre Einkäufe bald nicht mehr leisten kann. Ich kann es leider nachvollziehen. Verstehen nicht, aber nachvollziehen. Ich kenne niemanden in meinem Alter, der daran glaubt, dass wir eine Rente haben werden. Dass es uns einmal besser gehen wird als unseren Eltern. Dass wir nicht bis zum Lebensende arbeiten gehen werden. Und was kriegen wir dafür? Kaputte Schulen, verspätete Züge, einstürzende Brücken, eine immer schlechtere Gesundheitsversorgung und einen Planeten, der uns frühzeitig durch Hitze und Katastrophen ins Grab bringen wird – ach ja und die völlig unfinanzierbare Rente derjenigen, die uns das alles mit eingebrockt haben und potenziell die nächsten vier Jahre weiter einbrocken – die dürfen wir auch noch bezahlen. Bis wir über 50 % unseres Gehalts an den Staat geben, der für junge und mittelalte Menschen kaum noch was tut, ist es nicht mehr weit.
Und ja, das ist grade alles ein wenig polemisch, alles ein wenig verkürzt. Aber ich stehe hier Jahr für Jahr und beklage den Rechtsruck und die immer stärker werdende Ungerechtigkeit, aber nichts passiert – im Gegenteil. Es wird schlimmer. Und noch schlimmer. Die Welt und unser Land stehen förmlich in Flammen, aber wir kümmern uns nur um aufgeregt diskutierte Nebenkriegsschauplätze
Immer mehr Menschen in meinem Umfeld haben Angst. Nicht nur vor ihrer Zukunft, sondern sie sorgen sich um ihr schlichtes Überleben. Bei AfD-Umfragen von 25 % kann ich das absolut verstehen. Es reicht nicht, auf Bürgergeldempfänger und Migranten draufzuhauen. Ohne ausländische Fachkräfte funktioniert hier ohnehin bald nichts mehr. Wir müssen strukturell an die Reformen ran. Nicht uns fokussieren auf das, was uns die nächste Wahl gewinnt. Unideologisch, sachlich, mit Augenmaß und Blick auf das wirklich Nötige die Sache angehen. Mit dem Menschen und seiner Würde im Mittelpunkt. Freireligiös eben.
Und mit so vielen Menschen aus Politik und Gesellschaft hier wäre das meines Erachtens unsere gemeinsame Aufgabe, genau das zu tun. Sei es im Land, in der Stadt oder im Dorf. Nur mit unser aller Anstrengung können wir die dafür notwendige Kraft aufbringen. Lassen Sie uns diesen Weg gemeinsam gehen, dafür bietet sich später hoffentlich bei Speis und Trank auch eine erste Gelegenheit. Dann wird das auch wieder besser mit der Politikverdrossenheit, der Bereitschaft viel zu vieler Menschen, die Demokratie zu opfern, aus Angst, sich ein normales Leben nicht mehr leisten zu können.
Ach und, anstatt sich um einen Fraktionssaal im Reichstagsgebäude zu streiten: Ich meine – und damit möchte ich schließen – Otto Wells hätte sich sicherlich über ein AfD-Verbotsverfahren als Teil einer kommenden Koalition viel mehr gefreut als über einen schicken Saal, der nach ihm benannt wurde. Aber bekanntlich wird es so nicht kommen, denn die SPD wird ihrer historischen Verantwortung in keiner Weise gerecht, bei der CDU hatte das sowieso niemand mehr erwartet.
Aber eines kann ich ihnen versprechen. Sollte es zum Schlimmsten kommen und in 50 Jahren hier meine Nachfolge stehen – sofern wir Freireligiöse nochmal den Faschismus leidlich überleben – und salbungsvoll meinen Stolperstein einweihen, wie wir es bereits für zu viele Mitglieder dieser Gemeinde getan haben, es wird nicht gewesen sein, weil ich, wie sicher so viele in diesem Saal, still in die Nacht gegangen sein werden. Nein, wir werden kämpfen. Bis zum Ende. Oder wie es der bereits erwähnte und meiner Meinung nach mutigste Sozialdemokrat unserer Geschichte denen zurief, die ihm ans Leder wollten:
Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht!
Das muss unsere Handlungsmaxime sein dieser Tage. Nichts anderes. Dankeschön.

Leicht (nach Bekanntgabe der CDU-Minister*innen am 28.04.) aktualisierte Rede vom Neujahrsempfang der Freireligiösen Landesgemeinde Pfalz am 05. April 2025.

Tenko-Aemilia Bauer
Präsidentin der Freireligiösen Landesgemeinde Pfalz

Auch in schweren Zeiten etwas verändern
Liebe Freireligiöse, liebe Freundinnen und Freunde unserer humanistischen Weltanschauung,
Vielleicht kamen Sie auf dem Weg zu uns an Stolpersteinen vorbei, von denen es hier in Ludwigshafen eine große Zahl gibt, davon auch für Menschen, die Mitglieder in unserer Gemeinde waren. (Nächträglich ergänzt:  Meine Vorrednerin und ich haben uns nicht abgesprochen, aber das zeigt, wie ähnlich unsere  Schlussfolgerungen sind.)
Diese Steine sollen zum Nachdenken und Erinnern anregen. Dachau, Auschwitz sind Fakt. Ein Fakt, den Parteien wie die AfD im Falle eines künftigen Wahlsieges aus den Geschichtsbüchern streichen wollen. So wie nach deren Auffassung auch die Ehe für alle und das Recht, dass eine Frau selbst über ihren Körper bestimmen darf, abgeschafft werden soll. Trotz solcherart menschenfeindlichem Wahlprogramm hat ein Fünftel der Menschen in unserem Land diese Partei gewählt, deren Verbot der BFGD nachdrücklich fordert. 80 Prozent taten es nicht.
Uns Freireligiöse treibt die Frage um, was passieren würde, wenn bei den Landtagswahlen im nächsten Jahr plötzlich eine AfD in Mainz regierte.
Nun, die Blaupause von 1933 und das aktuelle Geschehen in den USA lässt nichts offen. Wir Freireligiösen haben nicht vergessen, was mit dem Haus Mühleck in Iggelbach passierte, wie man die Freireligiösen in der Pfalz drangsalierte, nachdem wir am 5. April 1933 als „marxistische Organisation“ verboten wurden. Heute könnte ich mir vorstellen, dass es dann heißt, dass: nur diejenigen Religionen, die Christentum und traditionelles Familienbild im Programm haben, demnächst per Gesetz die einzigen sein werden, die Religionsfreiheit, Körperschaftsrechte usw. genießen. Das wäre schlecht für unsere Landesgemeinde, denn auf unserer Landesversammlung am 3. Mai liegt ein Antrag auf Änderung der Verfassung vor, die ab diesem Zeitpunkt ausdrücklich auch Menschen von „dazwischen und außerhalb“ in unserer Freien Religion mit einbindet.
Mit dem Wahlsieg Donald Trumps wurde ein unfassbarer Lügner an die Spitze der mächtigsten Demokratie der Welt gewählt – seine absurde Politik hat weitreichende Auswirkungen, und ist doch leider Tatsache. Es ist eine Politik, die von Menschenhass und Diskriminierungsfreude getrieben ist ... und die teilweise in absurder Weise an der Lebensrealität einer westlichen Gesellschaft vorbeigeht. Mir, die sich einer humanistischen Ethik verpflichtet fühlt, sprengen die Bilder in den Nachrichten die Hutschnur.
Auch die anderen Weltnachrichten, besonders der Krieg in der Ukraine, machen traurig, sie machen wütend, sie machen ratlos – und diese bedrückenden Dinge lassen fragen: Was gibt Hoffnung in schwerer Zeit? Wie können, wie wollen, wie sollen wir reagieren? Reagieren auf diese Entwicklung außerhalb und innerhalb, auf die Gefahr, dass Demokratiemüdigkeit, Protestwahlen und Unvernunft weiter um sich greifen? Wir könnten die innere Emigration wählen. Frei nach unserem Grundsatz „Die Gedanken sind frei“ weiter das im Herzen tragen, was wir eigentlich denken und das Weltgeschehen um uns herum ausblenden, und schön still bleiben, um zu überleben. So zu handeln, fällt uns Freireligiösen traditionell schwer. Wir lassen uns das Denken und den Mund nicht verbieten.
Wer praktisch veranlagt ist, könnte auf materielle Sicherheit setzen ... sich also wappnen, indem man möglichst viel zur Seite legt, um die wirtschaftlich schweren Zeiten, die der Ukrainekrieg und Trumpsche Handelskrieg verursachen, irgendwie zu überstehen. Das wäre vernünftig. Doch was ist mit den Menschen, die eine Behinderung haben, die chronisch krank sind, was, wenn staatliche Hilfe oder Rente schon jetzt nicht reichen, um über die Runden zu kommen? Soziale Organisationen wie die AWO warnen seit Jahren vor den Folgen weiterer Kürzungen.
Wir könnten auf „Vogel-Strauß“ setzen ... solange wir nicht selbst von Diskriminierung betroffen sind. Wie bequem mag es sein, die Augen vor dem politischen Geschehen zu verschließen, sich auf privates Glück zu konzentrieren und in dem Wissen um die Prognosen, dass unser Planet schon in wenigen Jahren in der Klimakatastrophe untergeht, noch mal richtig aufdrehen, es krachen lassen, den Tanz auf den Vulkan wählen – bevor alles den Bach runtergeht. So zu handeln steht im Gegensatz zu unseren freireligiösen Grundsätzen.
Was aber können wir tun? Wir könnten stattdessen andere animieren, die Salons zu verlassen, indem wir es vormachen, vorleben: Rausgehen. Runter vom Sofa. Sich einbringen in Vereinen, die unsere gesellschaftliche Vielfalt stärken. Jeder kann sich Gruppen anschließen, die uns mit Menschen anderer Religionen, Länder, Lebensweisen in Kontakt bringen und miteinander den Austausch suchen. Das schafft gegenseitiges Verständnis. Nur wenn wir vorangehen, uns verbünden, andere mitnehmen – einladen, ihren Horizont zu erweitern, bringen wir mehr Toleranz in die Welt.
Wir könnten mehrstufig strategisch denken und Geld spenden an Organisationen, die weiterhin Faktenchecks durchführen, um den Lügenmeistern bei Meta, X und Konsorten mit Wahrheit und Entlarvung entgegenzutreten. Leider sagen die Studien, dass das menschliche Gehirn immer die zuerst wahrgenommene Information glaubt, selbst wenn sich herausstellt, dass es gelogen ist. Dieser Spiegel-Artikel hat mich im Herbst in tiefe Verzweiflung gestürzt, denn ich nehme mir die Zeit, in meinem Umfeld ein Auge auf das zu haben, was weitergeteilt wird und weise meine Kontakte auf Fälschungen und Hetze hin und kläre über Hintergründe auf.
Vielleicht ist alles umsonst, und der einzige Ausweg ist liegt in Ironie, Sarkasmus und schwarzem Humor. Diese Mittel können helfen, das Unfassbare zu ertragen, weniger bedrückend auf uns wirken zu lassen. Lachen befreit, Scherzen dürfen bedeutet Freiheit. Trump fordert Grönland und den Panamakanal – kein Problem. Wir fordern Hawaii. Humor hilft uns, die Hoffnung nicht zu verlieren, nicht aufzuhören zu hoffen, dass die Vernunft am Ende den längeren Atem haben wird.
A propos Atem: die Aphoristikerin Monika Kühn-Görg schrieb: „Ein- und ausatmen gehört zum Leben, durch- und aufatmen zum Überleben.“ Also atmen wir weiter, werben in unserem Alltag dafür, dass die Menschen mit ihrer Stimme in der Wahlkabine nicht ihre eigenen Grundrechte und Freiheiten abschaffen. Vielleicht tun wir dies am Beispiel der Freireligiösen Geschichte - ein Dauerbrenner seit 180 Jahren.
Wir könnten auch ohne Eigenwerbung erklären, warum wir Angst davor haben, dass in unserem Land die Rechtspopulisten an die Macht kommen, die genauso wie Trump die Ehe für alle zurückabwickeln, die Frauenrechte und das Selbstbestimmungsrecht von Transpersonen mit Füßen treten wollen. Wir könnten und wir sollten. Denn Freie Religion ist eine Religion der Tat, des von unseren ethischen Grundsätzen geleiteten Handelns und Mitwirkens in unserer Gesellschaft. Freireligiöse stehen ein für Menschlichkeit, Wahrheit, Vernunft, Toleranz und die Verantwortung für die Natur, die unsere Lebensgrundlage ist.
Es bleibt uns nichts anderes übrig, als zu handeln, zu versuchen, auch in schweren Zeiten etwas zu verändern an unserer Welt. Denn wir wissen, dass Freiheit und Selbstbestimmung nur in einer Demokratie gedeihen, in der ein funktionierender Rechtsstaat die Rechte von Minderheiten schützt. Diese Aufgabe ist zu groß für uns Einzelne. Und: sie im ganzen Ausmaß zu erfassen, kann zu akuter Verzweiflung führen.
Dazu noch einmal ein schöner Gedanke von Monika Kühn-Görg: „Wo man Hoffnung schöpft, vertrocknet die Verzweiflung.“ Woraus aber können wir die Hoffnung schöpfen, dass nicht alles immer schlimmer – sondern eines Tages wieder normaler wird? Aus blindem Glauben? aus dogmatischem Festhalten an dem alten Traum der Arbeiter*innenbewegung von der Überwindung aller Unfreiheit, Ungleichheit und Ungerechtigkeit? Also „Immer stur weiter – irgendwann wird es schon werden“? Sollten wir das tun, als Freireligiöse, die gewohnt sind, alles, wirklich alles zu hinterfragen und von verschiedenen Seiten zu denken?
Vielleicht können Fakten die Verzweiflung austrocknen: Etwa die Statistiken, die langfristig belegen, dass auf der Welt Bildung und Wohlstand langsam wachsen und dass Kindersterblichkeit und Armut zurückgehen, dass unsere Flüsse nicht mehr so verschmutzt sind wie vor 40 Jahren, und dass weltweit immer mehr für den Naturschutz getan wird. Ich weiß, die Liste, an welchen Stellen dies alles nicht genug ist, nicht schnell genug geht, zu lange liegen gelassen wurde – sie ist lang. Auch das entspricht der Wahrheit.
In Polen hat man übrigens festgestellt, dass das von Rechtspopulisten geführte Heimatland ein Irrtum war, und sich eine bessere – weil demokratische -Regierung gewählt. Glück war, dass sie es noch konnten. Diese Mahnung kann man nicht laut genug aussprechen, denn wie schnell eine Demokratie ausgehöhlt, ausgehebelt und abgeschafft werden kann, sehen wir in z.B. Russland, Ungarn und der Türkei und USA.
Hoffnung – Trost – finde ich (wenn ich zu viele entmutigende Nachrichten konsumiert habe) in dem afrikanischen Sprichwort. „Wenn viele kleine Menschen an vielen kleinen Orten viele kleine Dinge tun, dann können sie die Welt verändern“. Ich lerne immer wieder Menschen kennen, die wie ich denken und im Kleinen handeln. Diese Erfahrung, dass andere meine Sorge um die derzeitige Entwicklung der Welt teilen, gibt mir Hoffnung – wie auch das Erleben, wie viele es gibt, die meine Ansichten über Gerechtigkeit, Solidarität und die Unveräußerlichkeit der Freiheits- und Selbstbestimmungsrechte eines Menschen teilen. Und die mit mir einer Meinung sind darüber, dass Migration keine Bedrohung, sondern immer schon Teil der Menschheitsgeschichte war – schon als wir noch Fell hatten. Dann denke ich mir: Vielleicht klappt es ja doch irgendwann mit Freiheit und Gleichberechtigung für alle auf dieser Erde. Wo man Hoffnung schöpft, vertrocknet die Verzweiflung.
Woraus können wir sie schöpfen? Aus unserer Liebe? Aus der Erfahrung der Mit-Menschlichkeit? Aus der Freude an Kunst, Musik, an Melodie? Vielleicht auch aus unserer humanistischen Weltanschauung? Aus dem Glauben, dass am Ende die Vernunft und die Wahrheit den längeren Atem haben werden? Gleichwohl ist das Wissen um die Eingebundenheit in die Allumfassenheit der Natur wohltuend und gibt Hoffnung.
Hoffnung kann auch der Blick zurück in die Geschichte bringen. Allgemein gesprochen, wie auch bezogen auf die deutschkatholische Bewegung, aus der die freireligiösen Gemeinden hervorgingen. Auch sie wurden bespitzelt, angefeindet, vom bayerischen Staat verfolgt – Robert Blum sogar erschossen – und wer für seine Ziele gestritten hatte, musste 1848 auswandern. Ja, in die USA – genauso wie die Vorfahren Trumps. Damals wendeten die deutschkatholischen Flüchtlinge dieses Land gemeinsam mit so vielen Anderen zum Guten, kämpften für die Abschaffung der Sklaverei. Ich erinnere an Friedrich Hecker, Gustav und Amalie Struve und Carl Schurz, der sogar General geworden ist.
Ich wünsche mir, dass dieses gespaltene Land die kommenden vier Jahre in einer Art und Weise übersteht, dass eine neue Bewegung der Menschlichkeit und Solidarität entsteht, die das Ruder übernimmt. Und was, wenn nicht? Wir werden live dabei sein. Werden irgendwie durchhalten, weitermachen. Werden – irgendwie – neu den Mut finden, weiterzumachen, neu anzufangen, Schutt und Asche nach der Katastrophe aufzuräumen. Trümmer lassen sich zum Neubau nutzen und Asche ist ein bewährter Dünger. Hoffnung – selbst am Nullpunkt – ist etwas, was man uns Menschen schwer nehmen kann. Ich tippe auf einen Trick der Evolution, denn der in Verzweiflung gelähmte Homo Sapiens wäre einfach ausgestorben.
So betrüblich die Aussichten sein mögen – der Gedanke, „aber es könnte doch sein, dass ...“ lässt sich schwer zum Verstummen bringen. Durchatmen, aufstehen, Krönchen richten ... Hoffnung liegt in uns Menschen und erwacht immer wieder neu. Und wir sollten sie uns bewahren. Trotz alledem. Und so schließe ich mit Worten meines geschätzten Wilhelm Busch:

Obgleich die Welt ja, so zu sagen,
Wohl manchmal etwas mangelhaft,
Wird sie doch in den nächsten Tagen
Vermutlich noch nicht abgeschafft.

So lange Herz und Auge offen,
Um sich am Schönen zu erfreun,
So lange, darf man freudig hoffen,
Wird auch die Welt vorhanden sein.

Marlene-Charlotte Siegel
Landessprecherin der Freireligiösen Landesgemeinde Pfalz

Ansprache zum Frühjahrsempfang, Freireligiöse Landesgemeinde Pfalz, 5. April 2025, Ludwigshafen


Ida Altmann-Bronn und Margarethe Meyer-Schurz Architekturpreis des BFGD
Der „Ida Altmann-Bronn und Margarethe Meyer-Schurz Architekturpreis“ wird vom Bund Freireligiöser Gemeinden Deutschlands (BFGD) an Bauprojekte verliehen, welche sich im besonderen Maße auszeichnen als

- offene Begegnungsstätten
- Einrichtungen zur Förderung des freireligiösen Toleranzgedankens sowie des interreligiösen und interkulturellen Dialogs
- Gebäude, die die Natur im Sinne einer ökologischen Gewissenhaftigkeit bewahren

Der Preis besteht aus einer Urkunde und einer handgefertigten Serigrafie. Das BFGD – Präsidium wählt den Preisträger aus, legt den Ort und das Datum der Preisverleihung fest. Die Preisverleihung findet im Rahmen einer kleinen Feier öffentlich statt. Vorschlagsberechtigt sind

- die Mitgliedsverbände des BFGD und deren Gliederungen
- alle Menschen, gleich welcher Nationalität, Religion oder Weltanschauung.

Dem Vorschlag muss eine Begründung beigefügt sein. Vorschläge für den oder die Preisträger müssen bis zum 30. November beim BFGD (Geschäftsstelle, Präsidium) eingegangen sein. Das Präsidium wählt in der dem 30. November folgenden Sitzung unter den eingereichten Vorschlägen den oder die Preisträger aus.

Für das Präsidium:
Renate Bauer, Präsidentin
Erklärung des Bundes Freireligiöser Gemeinden Deutschlands (BFGD) zum Bericht über „Lebenswendefeiern“ vom 21. Mai 2024

Beim Bericht über die Versuche, seitens der christlichen Kirchen Alternativen zu ihrer Konfirmation und Kommunikation für religiös uninteressierte Jugendliche einzuführen, fällt auf, dass die Jugendweihe, gegen die sich diese Versuche richten, wieder nur als Feier der ehemaligen DDR dargestellt wird.
Das ist falsch, denn die Jugendweihe ist älter als die DDR, die dieses Ritual von der freireligiösen/freigeistigen Bewegung abgekupfert hatte. Die freireligiöse Jugendweihe wurde 1852 von Eduard Balzer, Präsident des BFGD und Mitglied des Vorparlaments 1848, ins Leben gerufen. Sie war ein Ausdruck der Abwendung der Gemeinschaften vom Christentum hin zu einer selbstbestimmten kritischen Religion und Weltanschauung.
Noch heute wird sie von freireligiösen Gemeinschaften und humanistischen Weltanschauungsgemeinschaften gefeiert und ist offen für alle Jugendlichen. Sie erfreut sich gerade in den östlichen Bundesländern großer Beliebtheit genauso wie in vielen anderen Bundesländern.
So wurde im April dieses Jahres die Jugendweihe einiger freireligiöser Gemeinschaften auf dem Hambacher Schloss gefeiert, um an die demokratische Tradition der Gemeinschaften und ihre Verpflichtung zur Wahrung der Menschenrechte und einer humanistischen Ethik zu erinnern. Für sich Verantwortung zu übernehmen, ist Teil dieser Tradition, oder wie es eine Teilnehmerin ausdrückte: „… alles, was ich persönlich mache, ist versuchen, versuchen besser in Bereichen zu sein, um mich selbst abzulenken, versuchen für mich selber eine Lösung zu finden, versuchen es alleine hinzukriegen.“
Im Sinne einer humanistischen Ethik zu handeln, ist Anliegen vieler junger Menschen, wir wollen sie dazu ermutigen: Ich zitiere einen Teilnehmer aus diesem Kreis der jungen Menschen vom Hambacher Schloss:
„Wir alle sind also zum verantwortlichen Handeln aufgerufen und müssen uns stets fragen: Habe ich verantwortlich entschieden, in dem, was ich getan oder nicht getan habe? Habe ich dabei so entschieden und gehandelt, dass es jeder im Sinne eines allgemeinen Gesetzes tun würde? Habe ich dabei meine Mitmenschen nicht nur als Mittel zum Zweck gesehen, sondern als Menschen mit eigenen Wünschen und Zielen?“

Renate Bauer
Präsidentin
Ein guter Start: Eindrücke von der Eröffnungsfeier des
FORUM FRANKLIN mit anschließendem Tag der offenen Tür
Hier ein paar persönliche Eindrücke von der Eröffnung des Forum Franklin in Mannheim. Am 21. Mai 2022 wurde das neu gebaute Domizil der Freireligiösen Gemeinde Mannheim feierlich eingeweiht: mit einem Festakt, Ansprachen, Vorträgen, musikalischer Umrahmung und einem Tag der offenen Tür.
Die zahlreichen Besucher konnten sich das imposante Bauwerk während der Führungen genau ansehen: vom Altenheim einschließlich Tagespflege über den Kindergarten inkl. Hort und die Service-Wohnungen bis zum Verwaltungstrakt samt großem Saal und Jugendräumen. Beim Sektempfang, an der Kuchentheke und der Kaffeebar konnten die Gäste viele Kontakte wieder vertiefen: Nach der langen Pandemiezeit gefiel es allen  Anwesenden, endlich wieder eine größere Veranstaltung zu erleben, bei der man mit vielen Menschen persönlich sprechen konnte, die man lange nicht gesehen hatte. Der wunderschön begrünte Innenhof lud an diesem Tag ein, lange zu verweilen und das schöne Wetter zu genießen. Die hervorragende Bewirtung mit allerlei Köstlichkeiten, Musik u.a. aus dem Leierkasten und Spiele für die Jüngsten machten den Tag perfekt.
Ich gratuliere der Freireligiösen Gemeinde Mannheim ganz herzlich zu diesem gelungenen Auftakt im neuen Zuhause und wünsche alles erdenklich Gute für die Zukunft.
Ortrun Lenz
GeMAInsam Zukunft gestalten: 1. Mai 2022
Freireligiöses Grußwort bei der Kundgebung des DGB „GeMAInsam Zukunft gestalten“ zum 1. Mai 2022 im Ebertpark Ludwigshafen
Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Menschen.
Heute unbeschwert den Tag der Arbeit zu feiern, fällt mir nicht leicht.
Ja, ich finde es schön, Euch endlich wieder zu treffen. Ich freue mich auf die Gelegenheit, mit all denen von Mensch zu Mensch sprechen zu können, die ich in den vergangenen zwei Jahren nicht gesehen habe.
Und ja, wir alle haben uns nach zwei Jahren Pandemie einen Ersten Mai verdient, an dem es um die Anliegen der Arbeitnehmer*innen geht, um Rückbesinnung auf das bis jetzt durch die Gewerkschaften Erreichte, und um den Blick auf die Lösung zukünftiger Probleme und Herausforderungen.
Aber auch wenn unser heutiges Zusammentreffen ein unbeschwerter – und sonniger - Frühlingstag in Gemeinschaft sein sollte: Der von Putin ausgehende Angriff auf die Menschen in der Ukraine macht mich noch immer fassungslos und die täglichen Nachrichten über weiteres Sterben bedrücken mich tief im Innersten. Krieg bedeutet Vernichtung. Krieg ist die Vernichtung von Menschen, wie auch von Tieren, ist die Zerstörung vom Zuhause und der Lebensgrundlage vieler.
Krieg heißt die Vernichtung der – oft hart erarbeiteten - Existenz, ist die Vernichtung von Träumen, Zielen, Hoffnungen. Wo Krieg ist, kann der Mensch sich nicht entfalten und sich keine Zukunft bauen.
All das Leid der Betroffenen – nicht nur in der Ukraine, sondern an allen Orten, wo kriegerische Gewalt und Terror herrschen, zu sehen, es weckt in mir – wie in jedem mitfühlenden Menschen - Mitleid und Trauer um jene, die Schreckliches erleben und erleiden. Und: das Bedürfnis etwas zu tun.
Mitgefühl, Solidarität, der Wunsch, denen zu helfen, die Hilfe brauchen, ist eine Geisteshaltung, die wir Freireligiösen seit unseren Anfängen als ureigenste Verpflichtung sehen. Gemeinsam für Demokratie, Gerechtigkeit und Freiheit zu kämpfen, hat unsere Gemeinschaft von Grund auf geprägt und gestärkt, die Zeiten von Verbot und Verfolgung - zuletzt durch die Nationalsozialisten – zu überstehen.
Meine Freie Religion fördert das Leben aller Natur, das Denken und die Vernunft, und: Sie fordert dazu auf, mit anzupacken, um gemeinsam die Welt zum Besseren zu formen. So wie es auch die Gewerkschaften seit ihrer Entstehung halten. Alle Organisationen der Arbeiterbewegung wissen: Vorwärts geht es nur gemeinsam!
Nur gemeinsam mit anderen lassen sich unsere Ziele, Verbesserungen, Gerechtigkeit erreichen, gemeinsam können wir uns Gehör verschaffen, für Frieden, Rechtsstaat und Demokratie einstehen.
Nur zusammen sich eine gerechtere Welt für Mensch und Natur bauen und: GeMAInsam Zukunft gestalten.
Ja, vor dem Hintergrund vom Krieg in Europa und der Bedrohung der Welt durch dessen Auswirkungen und eine mögliche Eskalation scheint der Blick in die Zukunft düster. Dennoch sollten wir uns den Glauben an die Macht der Freiheit, an die Kraft zum Guten in jedem Menschen selbst bewahren. Ich glaube daran, dass Menschlichkeit und Wahrheit - wenn auch langsam aber letztlich unaufhaltsam - am Ende die Oberhand über autoritäre Regime erlangen werden. Dafür braucht es unsere Solidarität, echte Demokratie und Menschlichkeit, um gemMAIsam Zukunft zu gestalten. Glück auf ...
Marlene Siegel
Landessprecherin der Freireligiösen Landesgemeinde Pfalz
Freireligiöse feiern Tag der Menschenrechte mit Kundgebung und Demonstration durch die Innenstadt
Am Freitag, den 10. Dezember kamen auf Initiative der Freireligiösen Landesgemeinde Pfalz K.d.ö.R. auf dem Friedrich-Wilhelm Wagner-Platz in Ludwigshafen ca. 10 Menschen zusammen, die friedlich an die Bedeutung der Menschenrechte erinnerten.
Nach Erläuterung der Corona-Regeln und Hinweis auf Ausschluss von der Kundgebung bei Verstoß durch Landessprecherin Marlene Siegel begrüßte die Präsidentin der Landesgemeinde, Saphira Bauer die Anwesenden mit einigen Worten zur weltweiten Menschenrechtslage. Sie begrüße die anstehenden Verbesserungen, die die neue Bundesregierung nun endlich in Angriff nehmen wolle und rief dazu auf, insbesondere hinsichtlich der Frauenrechte noch mehr zu tun. „Wir rufen mit dieser Demo den Menschen, die wir gleich auf ihrem Weg in die Mittagspause treffen, ihre Grundrechte in Erinnerung.“ Bauer betonte, dass der Schutz von Leben und Gesundheit aus gutem Grund in Artikel 2 gleich ganz oben in den Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte stehe und sie darum die Menschen in der Verantwortung sieht, sich impfen zu lassen.
Die internationalen Aktionstage der Vereinten Nationen zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen dauern 16 Tagen an und finden ihren Abschluss am Tag der Menschenrechte. Bis zu diesem Datum hatte die Freireligiösen Frauengruppe am Johannes-Ronge-Haus die Fahne der gleichnamigen Aktion der UN Women „Wir sagen Nein zu Gewalt gegen Frauen“ gehisst.
Laut Bauer setze sich die Freireligiöse Frauengruppe besonders für Frauenrechte, die Kinderrechte, und gegen die Diskriminierung geschlechtlicher und sexueller Identität ein. So etwa mit der Sprachförderung für geflüchtete Frauen, die seit Herbst 2015 von Ehrenamtlichen in der Gemeinde angeboten würde, wie auch der Nachhilfe für Schulkinder, die wegen der Pandemie zur Zeit nicht stattfindet, aber auch in Forderungen, die die Freireligiösen Verbände gegenüber der politisch Handelnden vertreten.
Freireligiöse Landesgemeinde Pfalz
Keine Toleranz für Intoleranz
Aus aktuellem Anlass wurde in Offenbach am Freitag, den 12. November abends zu einer spontanen Demonstration unter dem Motto „Bunt statt braun“ aufgerufen.
In der vorangegangenen Nacht waren etwa 50 Plätze in Offenbach mit Hakenkreuzen, SS-Runen und judenfeindlichen Äußerungen beschmiert worden. Kurzerhand entschlossen wir Teilnehmende der Sprecher*innen-Tagung des DFW (Dachverband Freier Weltanschauungsgemeinschaften), also Vertreter*innen freireligiöser, humanistischer und unitarischer Gemeinschaften, an der Demonstration gegen Rassismus und Antisemitismus teilzunehmen.
Ausgestattet mit Kerzen und einer Regenbogenfahne liefen wir mit zirka 40 anderen Menschen von der Synagoge zum Rathaus. Dort wurde mit verschiedenen Redebeiträgen unser aller Bestürzung über die grässlichen Schmierereien und die bedrohliche Lage Ausdruck verliehen. Pascal Schilling, Pfarrer der frei-religiösen Gemeinde Offenbach, gab dabei unserer Gruppe eine Stimme und betonte vor allem unsere Solidarität mit der jüdischen Bevölkerung.
Svenja Schöttle,
Mitarbeiterin im Predigt- und Lehramt der
Freireligiösen Landesgemeinde Baden
Generationenwechsel unter schwierigen Bedingungen:
Tenko Saphira Bauer zur neuen Präsidentin der Freireligiösen Landesgemeinde Pfalz K.d.ö.R. gewählt
Neuwahl digital: Am Sonntag, den 20. Juni 2021, wählten die Delegierten der Freireligiösen Landesgemeinde Pfalz die Ludwigshafenerin Tenko Saphira Bauer (30) zu ihrer neuen Präsidentin. Die – coronabedingt seit 2020 mehrfach verschobene – ordentliche 73. Landesversammlung wurde aus Rücksicht auf die Delegierten, die in der Impfreihenfolge noch auf der Warteliste waren, per Videokonferenz durchgeführt.
Die digitale Durchführung der Landesversammlung als Alternative zu einem echten Zusammentreten der Delegierten war seit Januar parallel geplant und ausgearbeitet worden. Die ursprünglich geplante Präsenz-Veranstaltung bei den Naturfreunden im Rahnenhof in Hertlingshausen mit Sonnwendfeier am Vorabend war aus diesem Grund abgesagt worden. Coronabedingt hatte die Freireligiöse Landesgemeinde ihr digitales Angebot ausgebaut und in die notwendige technische Ausrüstung für die Jugend-, Senioren- und Beratungsarbeit investiert. Durch die Dachorganisation Bund Freireligiöser Gemeinden Deutschlands (BFGD) wird den Mitgliedsgemeinden das datenschutzrechtlich solide Programm Big Blue Button (BBB) zur Verfügung gestellt, für dessen Betrieb ausschließlich ein in Deutschland betriebener, eigener Server benutzt wird.
Klare Worte zum Auftakt: Der Impuls-Vortrag von Landessprecherin Marlene Siegel war vorab im Youtube-Kanal der Freireligiösen Landesgemeinde abrufbar. Sie thematisierte die Ursprünge der Freireligiösen Bewegung, die aus dem Protest vieler heraus – zunächst gegen die Rom-Kirche und bald auch gegen die menschenunwürdigen Klassenverhältnisse im damaligen Deutschen Reich – den Aufbruch wagte, eine von demokratischen Werten und den Grund- und Menschenrechten getragene Verfassung und Republik zu erkämpfen. In der Erklärung über die Hintergründe und pazifistisch-humanistische Geisteshaltung des damaligen Protestes kritischer Geister grenzt sich die Freireligiöse Weltanschauung eindeutig von der heutigen Querdenker-(Leerdenker?!)Mythologie und ihrer Argumentationsschöpfung aus rechtsnationalistischen Endkampfideologien ab.
Sie verwies auf die drängenden Probleme in unserer heutigen Welt: den Klimawandel und die gesellschaftlichen Umbrüche durch die digitale Transformation und erinnerte daran, dass eine zentrale Freireligiöse Grundhaltung die Lebensgestaltung des Menschen als Teil der Natur ist. Ein freireligiöser Mensch ist sich seiner Verbindung und Abhängigkeit von der ihn umgebenden Umwelt bewusst und geht  respektvoll und bewahrend mit den Lebewesen der Mit-Natur um.
Abschied von Siegward Dittmann: Am Ende seiner fast 30 Jahre währenden Amtszeit war Präsident Siegward Dittmann durch die Corona-Pandemie mit immensen Herausforderungen konfrontiert, wie er in seiner sehr persönlichen Rede an die Delegierten betonte. Die Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Geschäftsstelle der Landesgemeinde sowie der ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer zu garantieren sei ihm oberstes Anliegen gewesen. Dittmann habe als ehrenamtlicher Präsident in der Bewältigung der neuen Aufgaben festgestellt, dass nun der Zeitpunkt richtig sei, einen Generationenwechsel anzustreben. Sehr froh sei er über die Kandidatur von Tenko Saphira Bauer, deren Kompetenz und Gestaltungswille ein Zugewinn für die Landesgemeinde sei. Mit Bauer habe man einen Menschen für dieses Amt gefunden, der das Ruder verlässlich und umsichtig weiter- und mit eigenen Impulsen die Weiterentwicklung freireligiöser Arbeit und deren humanistisches Wirken in der Gesellschaft in die Zukunft führen wird.
Die Delegierten dankten Siegward Dittmann für sein jahrzehntelanges Engagement für die Landesgemeinde.
Versammlung wählt neue Präsidentin: Im folgenden Wahlgang wurde die Kandidatin einstimmig zur Präsidentin der Landesgemeinde bestimmt. Die neu gewählte Präsidentin Tenko Saphira Bauer dankte den Delegierten für das ihr entgegengebrachte Vertrauen und skizzierte einige Schwerpunkte ihrer zukünftigen Arbeit. Bauer betonte, dass – sobald es im coronagerechten Rahmen durchführbar sei – eine offizielle Verabschiedung Dittmanns und Amtseinführung Bauers geplant sei. Sie sei froh, dass ihr Amtsvorgänger ihr für die nun beginnende Zeit der Einarbeitung in die neuen Aufgaben mit Rat und Tat zur Seite stehe.
Durch den Wechsel Bauers ins Präsidentenamt wurde im Landesvorstand ein Platz frei, für den Siegward Dittmann kandidierte. Er wolle weiterhin die freireligiösen Ziele mit eigenem Zutun voranbringen, und sich im Landesvorstand engagieren, wenn seine Hilfe gebraucht würde.

Zur Person: Tenko Saphira Bauer
Persönlich kennen einige unsere neu gewählte Präsidentin vielleicht noch unter dem alten Namen als Kind der ehemaligen Landesprecherin Renate Bauer und aus dessen Engagement in den Freireligiösen überregionalen Kontexten. Seit 2020 lebt Tenko Saphira Bauer offen als Frau und geht zurzeit den Weg der Transition (geschlechtsangleichende Maßnahmen).
Geboren wurde die neue Präsidentin der Landesgemeinde am 20. November 1990 in Ludwigshafen am Rhein. Nach dem Abitur 2009 am Carl-Bosch-Gymnasium absolvierte Glenn aus Freireligiöser Überzeugung heraus den Zivildienst beim ASB in Ludwigshafen und verweigerte den Wehrdienst.

Sie studierte an der Universität Heidelberg und der Hitôtsubashi-Universität in Tôkyô/Japan die Fächer Ostasienwissenschaften mit Schwerpunkt Japanologie und Geschichte. In beiden Fächern erwarb sie den Bachelor-Grad und im Anschluss legte sie den Master in Global History (Internationale Geschichtswissenschaften) ab.
Väterlicherseits hat sie Familie in den USA und spricht Englisch wie Deutsch als Muttersprache, und fließend Japanisch.
Die Themen Minderheiten- und Bürgerrechte, Natur- und der sich daraus ableitende Klimaschutz sowie der Kampf gegen Rechts treiben Tenko Saphira Bauer schon seit frühster Jugend um und daraus entspringt auch ihr vielfältiges gesellschaftliches Engagement.
Während ihres Studiums wurde sie als Mitglied in der Landesstudierendenvertretung in Baden-Württemberg hochschulpolitisch aktiv und vertrat dort die Heidelberger Studierendenschaft.
Sie trieb nach Wiedereinführung der Verfassten Studierendenschaft (VS) als Referentin und später Vorsitzende deren Gründung und Arbeit in Heidelberg voran und hat großen Anteil daran, dass kommende Generationen von Student*innen ihre hochschulpolitischen Mitspracherechte in einem rechtssicheren und finanziell klaren Rahmen ausüben und sich im Heidelberger Studierendenrat (StuRa) für andere Studierende engagieren können. Bauer baute mit anderen auch die unentgeltliche Rechtsberatung des StuRas für Studierende in Kooperation mit dem Heidelberger Anwaltsverein und Mieterschutzbund mit auf.
Über die gesamte Zeit ihrer hochschulpolitischen Tätigkeit (2013–2017) hinweg vertrat Bauer die Interessen von Studierenden auf Bundesebene im fzs (freier Zusammenschluss von Student*innenschaften) und war in dieser Zeit auch Mitglied in Senatsausschüssen der Universität Heidelberg und kurzzeitig im Senat selbst. Drei Jahre lang war sie im Universitätsrat der Uni Heidelberg und ist seit 2019 Personalrätin der Heidelberger Verfassten Studierendenschaft.
Ihr Freireligiöses Engagement ist Tenko Saphira Bauer als Kind von Landessprecherin Renate Bauer in die Wiege gelegt und später in der Jugendgruppe gestärkt worden.
Seit April 2012 ist sie Mitglied im Landesvorstand der Freireligiösen Landesgemeinde Pfalz, und noch etwas länger im Gemeinderat der Freireligiösen Gemeinde Ludwigshafen aktiv. Zudem vertritt sie seit 2015 die Landesgemeinde als – zunächst stellvertretendes – Mitglied im Bundesvorstand des Bund Freireligiöser Gemeinden Deutschlands (BFGD).
Seit 2020 engagiert Bauer sich politisch in ihrer Heimatstadt als Co-Sprecherin der Ludwigshafener Grünen, um aktiv etwas für die freireligiöse Forderung nach einem respektvollen Umgang mit der Natur zu bewegen.
In ihrer oft knapp bemessenen Freizeit findet sie Ruhe und Entspannung beim Gärtnern auf dem heimischen Balkon und im Bürgerprojekt des Hackschen Museumsgartens. Intellektuelle Abwechslung bieten ihr selbst geplante Kulturreisen und gesellige Gemeinschaft bei Spiele-Abenden, guten Filmen und Gaming mit Freunden.
Ihre Ziele als Präsidentin der Landesgemeinde definiert sie ambitioniert: „Freireligiöse waren von Anfang an Motor der gesellschaftlichen Evolution, die eine Verbesserung der Lebensverhältnisse und ein Dasein in Würde und Freiheit zum Ziel hatte. Viele unserer Forderungen sind heute sehr viel näher an der Wirklichkeit als 1844, doch noch einiges bleibt zu vollenden und dafür braucht es die Impulse aus unserer Organisation für freireligiös-humanistisch lebende Menschen. Gemeinsam mit unseren Mitgliedern wollen wir den Weg ins 21. Jahrhundert weiter gestalten mit dem Ziel, weitere 175 Jahre lang für Gleichberechtigung, Frieden und Menschlichkeit zu wirken.“
Freireligiöse Landesgemeinde Pfalz

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Freireligiöse Landesgemeinde Pfalz geht mit digitalem Neujahrsempfang neue Wege
Über viele Jahrzehnte hinweg war der Neujahrsempfang an einem Samstag Anfang Januar ein Höhepunkt in den Jahresveranstaltungen der Landesgemeinde.
Im Johannes-Ronge-Haus treffen sich unsere Mitglieder, die Vertreter*innen anderer Gemeinden wie auch die vielzähligen Kooperationspartner aus der Ludwigshafener Stadtgesellschaft zu einem kurzweiligen Jahresauftakt. Mit Ansprachen von Präsident und Landessprecherin sowie Grußworten der Oberbürgermeisterin und weiteren Menschen aus der Politik und umrahmt von jungen Musizierenden der Städtischen Musikschule, wird gemeinsam auf das Neue Jahr angestoßen. Der persönliche Austausch an dem von Gemeindemitgliedern und Freunden organisierten Buffet bietet die Gelegenheit, neue Kontakte zu knüpfen, alte Verbindungen neu zu beleben und die Gemeinschaft zu stärken.
Unter Pandemiebedingungen jedoch ist ein Zusammenkommen wie hier beschrieben undenkbar.
Um dennoch ein Stück Normalität aufrechtzuerhalten, haben wir den Neujahrsempfang der Freireligiösen Landesgemeinde Pfalz in den digitalen Raum verlegt. Der offizielle Teil ist seit 9. Januar auf dem Youtubekanal der Landesgemeinde abrufbar und beinhaltet die bekannten Elemente Musik, Ansprachen von Präsident und Landessprecherin sowie Grußworte von Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (SPD) und Ortsvorsteher Christoph Heller (CDU).
Präsident Siegward Dittmann gab einen Rückblick auf die prägenden Ereignisse des freireligiösen und des Welt-Geschehens im vergangenen Jahr und dankte denjenigen, die daran mitgearbeitet haben, das, was an Gemeindeleben möglich war, zu realisieren. Er gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass das Infektionsgeschehen in der Jahresmitte wieder mehr räumliche Nähe und somit wieder ein Zustandekommen unserer Angebote zulassen wird. Für die im Frühjahr geplante Landesversammlung kündigte er an, sich als Präsident der Landesgemeinde in den Ruhestand zurückzuziehen und gab seiner Zuversicht für einen gelingenden Generationenwechsel Ausdruck.
Landessprecherin Marlene Siegel entwickelte in ihrer Rede Ideen und Gedanken inspiriert durch einen Ausspruch des britischen Philosophen, Mathematiker und Religionskritikers Bertrand Russell, der lautet: „Die Frage heute ist, wie man die Menschheit überreden kann, in ihr eigenes Überleben einzuwilligen.“ Im historischen wie auch im diesseitigen Kontext gab sie Denkanstöße verbunden mit der Fragestellung, was Menschen freireligiöser Weltanschauung zu Hoffnung inspiriert. Sie schloss mit dem Fazit, dass „in das eigene Überleben im Sinne Russells einzuwilligen bedeute, beim eigenen Handeln zu beginnen und durch das eigene Vorbild die Bejahung der Zukunft in die Welt hineinzutragen“.
Verbunden zu bleiben auch ohne räumliche Nähe war Schwerpunkt des anschließenden Teiles: Zum gemeinsamen Austausch an den Bildschirmen luden wir ab 15 Uhr zu einer Videokonferenz ein und haben miteinander virtuell auf das neue Jahr angestoßen. Wer wollte, verpflegte sich am Bildschirm.
Durch die im ersten Corona-Jahr gemachten Erfahrungen in Sachen Aufnahmetechnik und Live-Schalte konnten wir die technische Umsetzung dank ehrenamtlicher Hilfe noch einmal verbessern und bekamen viel Lob für diese Veranstaltung.
Auch in Zukunft wollen wir Pfälzer Freireligiösen digital verbunden bleiben. Wir treffen uns so lange virtuell, bis ein physisches Treffen wieder möglich ist. Zum nächsten Treffen laden wir am Sonntag, den 28. Februar ab 10.30 Uhr in Form eines virtuellen Frühstücks ein.
Marlene Siegel


Freireligiöse Landesgemeinde Baden trauert um Vorsitzenden Roland Weiß
An die
Freundinnen und Freunde der
Freireligiösen Landesgemeinde Baden

30. Dezember 2020
Liebe Freundinnen und Freunde,
schweren Herzens müssen wir Ihnen / Euch mitteilen, dass unser Vorsitzender der Freireligiösen Landesgemeinde Baden, Roland Weiß, verstorben ist.
Seit 2017 war Roland Weiß Vorsitzender der Freireligiösen Landesgemeinde Baden.
Wir verlieren mit Roland Weiß einen engagierten, fordernden und sozialen Vorsitzenden, der sich mit viel Eifer und Energie für die Belange der Freireligiösen eingesetzt hat, jederzeit ansprechbar war und stets ihren Fortbestand und ihre Zukunft im Blick hatte.
Roland Weiß war seit 2012 zunächst stellvertretender Vorsitzender des Freireligiösen Wohlfahrtsverbands Baden e.V. und seit 2014 dessen Vorsitzender. In dieser ehrenamtlichen Position hat er den Verband und sein Aufgabenfeld stark erweitert:
Über die Verwaltung und den Betrieb des Karl-Weiß-Heims, dessen Neubau Teil unseres großen Projekts „Forum Franklin“ derzeit im Bau ist, hat er mit dem Projekt Schulkindbetreuung, derzeit an 10 Standorten im Stadtgebiet, bis hin zum Karl-Weiß-Mobil, einem mobilen Betreuungsdienst, neue Akzente gesetzt. Für die Freireligiöse Gemeinde Mannheim hat er Zukunftskonzeptionen für Jugendarbeit und nicht zuletzt das große Bauprojekt auf Franklin, unser „Forum Franklin“, auf den Weg gebracht, dessen Fertigstellung er nun leider nicht mehr miterleben kann.
Sein und unser Motto: „Frei sei der Geist, ohne Zwang der Glaube“ war ihm ein wichtiges Anliegen.
Wir verlieren einen Ideengeber, einen Motivator und Organisator voller Energie und Weitblick – aber zu allererst haben wir einen Freund verloren.
Sein Tod hinterlässt eine große Lücke in unseren Reihen.
Unsere Gedanken sind bei seiner Familie, der wir viel Kraft für die kommende Zeit wünschen.

Mit freundlichen Grüßen

Petra Schöttle (Stv. Vorsitzende)
Ute Kränzlein (Landespredigerin i.R.)
Thomas Lasi (Landesprediger)
Daniela Hackmann (Landessekretärin)

Ausreiseverbot für den Ehrenvorsitzenden der Alevitischen Union Europa, Herrn Turgut Öker, muss aufgehoben werden
Der Bund Freireligiöser Gemeinden Deutschlands (BFGD) hat einen Brief an Außenminister Heiko Maas geschickt, mit der Bitte, sich für die Aufhebung des Ausreiseverbots für Herrn Turgut Öker einzusetzen. Gleichzeitig hat der Bund Freireligiöser Gemeinden Deutschlands eine Pressemitteilung herausgegeben, und zwar in Zusammenarbeit mit der Freireligiösen Landesgemeinde Baden, der Frei-religiösen Gemeinde Offenbach, der Freireligiösen Landesgemeinde Pfalz, der Alevitischen Gemeinde Deutschlands, der Alevitischen Gemeinde und Kulturzentrum Mannheim, der Alevi-Bektaschi Gemeinde Marl und dem Alevitischen Kulturzentrum Frankfurt/Main, mit folgendem Wortlaut:

Mit Unverständnis haben wir der Presse entnommen, dass ein türkischer Anwalt der Deutschen Botschaft in Ankara verhaftet worden ist. Wir unterstützen den Protest unseres Außenministers Heiko Maas bei der türki-schen Regierung und seinem türkischen Kollegen Mevlüt Cavusoglu und fordern die sofortige Freilassung des RA Yilmaz S. .
Wir fordern aber auch, über alle kulturellen und religiösen Grenzen hinweg, die sofortige Aufhebung des Ausreiseverbotes für den Ehrenvorsitzenden der Alevitischen Union Europa, Herrn Turgut Öker. Diese vorzeitig ausgesprochene Entscheidung bedeutet einen massiven Eingriff in die Freiheits- und Menschenrechte, zumal niemand weiß, wie viele Monate oder eher Jahre das Verfahren dauern wird. Diese Entscheidung verstößt gleich mehrfach gegen die „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (Art. 3, Art.12 und Art. 13/2)“.
Herrn Turgut Öker, welcher die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, reiste zu seiner Verhandlung eigens aus Deutschland in die Türkei. Nach seiner Vernehmung vor dem Gericht in Istanbul/Kartal wurde gegen ihn ein Ausreiseverbot verhängt, er darf die Türkei nicht mehr verlassen. Bisher ist Herr Turgut Öker allen gerichtlichen Ladungen gefolgt.
Wir fordern die türkische Regierung auf, die „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“ einzuhalten und das Ausreiseverbot gegen Herr Turgut Öker sofort aufzuheben.
Siegward Dittmann
Präsident des BFGD

Absender dieser Pressemitteilung sind folgende Verbände:
Freireligiöse Landesgemeinde Baden K.d.ö.R., T 6, 26 68161 Mannheim
Frei-religiöse Gemeinde Offenbach K.d.ö.R., Schillerplatz 1, 63067 Offenbach
Freireligiöse Landesgemeinde Pfalz K.d.ö.R., Wörthstr. 6a, 67059 Ludwigshafen
Alevitische Gemeinde Deutschlands, Stolberger Straße 317, 50933 Köln
Alevitische Gemeinde und Kulturzentrum, Innstr. 24, 68198 Mannheim
Alevi-Bektaschi Gemeinde Marl e. V., Bachackerweg 90, 45772 Marl
Alevitisches Kulturzentrum Frankfurt e. V., An der Steinmühle 16, 65934 Frankfurt am Main

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